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Vernissage "Gestohlenes Licht" mit Armin Rohde

 
 
GESTOHLENES LICHT 

INTERVIEW: CARSTEN SANDER

 

Es ist ordentlich was los in der Sander I Sohn Galerie in Düsseldorf: Fernsehteams und Journalisten geben sich die Klinke in die Hand, vorbeigehende Passanten verlangsamen ihren Schritt und schauen noch einmal ganz genau hin. Tatsächlich, es ist Armin Rohde. Einer der bekanntesten deutschen Schauspieler, bereitet hier gerade seine erste fotografische Ausstellung vor. Und um die erste Frage sofort zu beantworten: Ja, er kann fotografieren, und zwar in einer sehr beeindruckenden Ästhetik.

 

Man glaubt es kaum, aber er ist aufgeregt. „In der Schauspielerei bin ich Profi. Da kann ich meine eigene Leistung objektiv beurteilen. In der Fotografie hingegen bin ich Laie. Deshalb kann ich die Qualität der Bilder eben nicht objektiv beurteilen und wäre darum nie auf die Idee gekommen auszustellen. Ich habe mich da jetzt einfach mal auf das Urteil von Carsten [Sander] verlassen, der als Profi meine Bilder angeschaut und mich zur Ausstellung überredet hat.“ Definitiv eine gute Idee. Die Qualität lässt darauf schließen, dass Armin Rohde sich bereits seit langer Zeit intensiv mit der Fotografie beschäftigt. Doch dem ist nicht so, wie er mir auf sehr unterhaltsame Art verrät. 

„Da muss ich jetzt ein bisschen ausholen. Meine erste Spiegelreflex, eine Asahi Pentax mit drei Wechselobjektiven, habe ich mir in den 1970er Jahren gekauft. Noch sehr orientierungslos, was meine zukünftige Berufswahl anbetraf, hatte es mich mit 22 Jahren ein Jahr in die USA gezogen, wo ich unter anderem mit drei Jungs in einer Musikband auf Tour war. Wir waren eher viertklassig, hatten aber viel Spaß. Auf dem Weg nach Montreal – die anderen waren schon vorgefahren – hatte mich ein Hippie-Pärchen auf ihrem Rückweg von der Beerdigung von Elvis Presley – es muss also der 18. August 1977 gewesen sein – in ihrem mit lila Plüsch ausgeschlagenen Van ein Stück des Weges mitgenommen. Nachdem ich ausgestiegen war und ihnen noch freundlich hinterher gewinkt hatte, stellte ich dann plötzlich fest, dass meine gesamte Kameraausrüstung verschwunden war. Stattdessen fand ich in meiner Jackentasche eine Ansichtskarte von Montreal mit der Aufschrift: ,Sorry, cleptomonia, you understand?’ Ja, und das war’s dann erstmal mit der Fotografie. Alles war weg. Auch alle Bilder, die ich in den USA geschossen hatte. Schlimm war vor allem, dass die Kameraausrüstung auch eines meiner angedachten Berufsfelder abgedeckt hätte.

 

„Du wolltest Fotograf werden“, frage ich nach. „Wie gesagt, ich war noch sehr orientierungslos. Ich schwankte zwischen Dokumentar-Fotograf, Simultandolmetscher oder Kripobeamter“, lautet seine mit toternster Miene gegebene Antwort, die absolut jeden im Raum zu lauthalsem Lachen bringt. „Bekanntlich habe ich mich dann ja für die Schauspielerei und eine professionelle Schauspiel-Ausbildung an der Folkwang Universität entschieden, sodass die Fotografie über lange Jahre bei mir in Vergessenheit geraten war. Erst die Möglichkeiten der Handy-Fotografie hatten mich an meine alte Leidenschaft erinnern und dann Anfang dieses Jahres wieder eine Spiegelreflex-Kamera kaufen lassen. Mit dem Kauf war es aber leider nicht getan. Ich musste mich erst einmal durch unzählige Tutorials ackern und habe jeden professionellen Fotografen in meiner Umgebung dazu genötigt, mich zu coachen, bis sich dann eines Tage dieser wahnsinnige Moment auftat …. Ich hatte plötzlich das Gefühl, mit meiner Kamera malen zu können, viel besser das abbilden zu können, was ich sah. Einfach unglaublich dieses Teil!“ (Rohde zeigt stolz seine Kamera in die Runde.)

Es folgt eine ausgiebige technische Fachsimpelei zwischen allen anwesenden Fotografen – und das sind gerade eine ganze Menge – über Kameras, Objektive und jedes erdenkliche Zubehör. Eine Gelegenheit für mich, mir die Fotos einmal ganz in Ruhe anzuschauen. Es sind vielfach Porträts bekannter Schauspielkollegen, meist in Schwarzweiß, aber auch Selbstporträts zu sehen. Alle Motive umweht in ihrer Ästhetik etwas Geheimnisvolles, teils Skurriles. Auch wenn die Porträtierten ihre persönliche Stimmung innerhalb des eingefangenen Augenblicks mit professioneller Schauspielmiene zu kaschieren suchen, hat man als Betrachter dennoch immer das Gefühl, Zeuge eines intimen Moments zu sein. Zeit nach den Umständen dieser Momente zu fragen.

 

„Wann genau entstehen deine Fotografien?“ „Überwiegend am Set – beim Dreh ebenso wie in den Pausen. Meine Kamera ist immer dabei. Das ist mittlerweile jedem in meinem Umfeld bekannt und wird auch glücklicherweise von allen unterstützt. Soll heißen, wenn ich selbst gerade drehe, wird meine Kamera von irgendjemandem, der sich in meiner Nähe befindet, festgehalten. Das kann ebenso der/die Regisseur/Regisseurin sein, wie jemand von der Requisite. Es passiert dann auch schon mal, dass ich einen Dreh unterbreche, weil ich gerade irgendwo ein gutes Bild sehe. Auf der Suche nach einem guten Bildmotiv scanne ich geradezu manisch permanent alles, was ich in meinem Blickfeld wahrnehme.“ „Und fotografierst entsprechend mit dem für den jeweiligen Dreh inszenierten Licht“, hinterfrage ich nun die besondere Lichtstimmung der Bilder.

„Jein. Ich arbeite zwar mit diesem Licht, aber fotografiere nie innerhalb der ausgeleuchteten Szene als solcher. Ich nutze ausschließlich das Reflexionslicht, das sich im Umfeld entwickelt. Deshalb auch der Titel dieser Ausstellung: Gestohlenes Licht. Geliehenes Licht hätte es vielleicht klarer transportiert, aber das wäre nicht so knackig rübergekommen“ , erklärt Rohde.

„Und warum so viel in Schwarzweiß“, lautet eine der meist gestellten Fragen heute. „Insbesondere für meine Porträts bevorzuge ich momentan Schwarzweiß, weil ich das Gefühl habe, dadurch den abgebildeten Personen ihr eigenes Geheimnis, ihre eigene Geschichte bewahren zu können. Farbfotografie hat für mich etwas Pornografisches. Als Betrachter glaubt man viel schneller, alles über diesen Menschen zu wissen. Aber das ist wie gesagt gerade eine Phase, die sich auch wieder ändern kann.“

Schauen wir uns doch einmal eine Farbfotografie an. Ich habe ein Bild mit dem Titel Prinzessinnen entdeckt, das mich unmittelbar berührt. Das Zentrum dieser Fotografie bildet die pinkfarbene lebensgroße Skulptur eines Mädchens, das mit trotzigem, selbstbewusstem Blick, in festem Stand, die Hände in die Hüften stemmend, in die Kamera blickt. Eingerahmt wird es von zwei „echten“, gleich großen Mädchen, die sich mit schüchternem, braven Blick, neben diesem unbekannten Wesen aufstellen. Ein an der Wand hängendes Kreuz, das mittig zwischen der Skulptur und einem der Mädchen platziert ist, bestimmt den weiteren Bildaufbau. In der näheren Betrachtung wird sichtbar, dass sich die Form des Kreuzes aus einer Aneinanderreihung von Kinderschuhen entwickelt. Nicht nur die gesamte Bildkomposition ist besonders, sondern auch die Farbkombination und Inszenierung des Lichts. Das Grün der Kleider wiederholt sich in der Wandfarbe, das Pink der Skulptur im Kreuz. Doch ist es vor allem die konzentrierte Ausleuchtung auf das Kreuz, die diesem einen Nimbus und dem gesamten Bild etwas Sakrales verleiht.

„Das Foto ist anlässlich einer Ausstellung der Künstlerin Angela Schilling, Schülerin von Katharina Fritsch und Meisterschülerin von Timm Ulrichs, entstanden. Die Skulptur des Mädchens sowie die des Kreuzes sind Arbeiten von ihr“, erklärt Armin Rohde den Hintergrund dazu.

 

„Steht denn jetzt vielleicht ein Wechsel von der Schauspielerei in die Fotografie an?“ „Nein. Auf gar keinen Fall. Es ist toll, erstmals die Bilder aufgezogen und nicht nur auf dem Computer zu sehen. Das macht wirklich Spaß! Aber in erster Linie ist die Ausstellung gemeinnützig ausgerichtet. Der gesamte Erlös geht an den Deutschen Kinderverein, den ich als Schirmherr immer wieder unterstütze.“ „In diesem Zusammenhang können wir also auf weitere Ausstellungen hoffen“, frage ich abschließend.

 

„Schau’n wir mal. Weitere Fotografien und immer wieder tolle neue Bildmotive gibt es auf jeden Fall reichlich“, lautet die verheißungsvolle Antwort des vielseitigen Künstlers Armin Rohde (begleitet von einem breiten, strahlenden Lachen).

 

WEITERE INFORMATIONEN

 

Die Ausstellung ist noch zu sehen bis 25.1.2018 in der Sander I Sohn Galerie in Düsseldorf, Fürstenwall 86.

Sander I Sohn Galerie https://www.facebook.com/Sander-I-Sohn-Galerie-1887749471463632/

 

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