1600 Besucher: So geht Klassik für Massen in Gelsenkirchen
Das Open-Air-Konzert der Neuen Philharmonie Westfalen entwickelt sich zum festen Highlight im Veranstaltungskalender. So gut war es wirklich.
Den ganz besonderen Sound einer lauen italienischen Sommernacht brachte die Neue Philharmonie Westfalen stimmungsvoll zum Klingen. Und das draußen und bei freiem Eintritt. Weit über 1600 Menschen begeisterte das Open-Air-Konzert am Freitagabend im prächtig beleuchteten Park an der Matthäuskirche. Nach zweieinhalb Stunden Konzertvergnügen brach sich auch beim Publikum das italienische Temperament Bahn, es klatschte fröhlich mit und sprang jubelnd von den Stühlen auf. „Viva Italia!“
Zum nunmehr zweiten Mal eröffnete das Landesorchester die neue Saison spektakulär mit einer Einladung an alle. An die, die ohnehin treue Besucher des Musiktheaters und der Sinfoniekonzerte sind, aber auch an die, die mit der Klassik weniger vertraut sind. Sie alle strömten in die grüne Oase an der Cranger Straße.
Schon lange bevor Generalmusikdirektor Rasmus Baumann den Taktstock hob, füllten sich die 1000 Stühle vor der großen Bühne rasch. Wer später kam, hatte das Nachsehen. Andere breiteten da bereits mitgebrachte bunte Picknickdecken auf den Wiesen aus oder klappten eigene Campingstühle auf. Und irgendwann wurden sogar die Bierbänke vor dem Getränkestand hin und her geschleppt. Die Lust auf einen entspannten musikalischen Abend unter Bäumen war überall spürbar. Einige hatten sogar ihre Hunde dabei.
Und schließlich offenbarte sich selbst der Himmel als Italien-Fan und lockte mit sommerlich lauen Temperaturen. So empfahl Bürgermeisterin Martina Rudowitz in ihrer Begrüßung den vielen Menschen: „Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie.“
Lud das Landesorchester im letzten Jahr noch zu einer Reise rund um die Welt ein, ging es diesmal schnurstracks ins Land, wo bekanntlich die Zitronen blühen. Auch diesmal konzipierte Orchesterchef Baumann ein Programm voll federleichter Klassikkost für Einsteiger und Liebhaber, mal feurig-temperamentvoll, mal sehnsuchtsvoll. Die musikalische Bandbreite reichte vom Barock bis zum Italo-Schlager, alles gleichermaßen leidenschaftlich interpretiert.
Ottorio Respighis „Tarantella Boutique Fantastique“ setzte gleich zu Beginn ein Ausrufezeichen der guten Laune. Danach kündigte Rasmus Baumann, der nicht nur das mehr als 60-köpfige Orchester schwungvoll-tänzerisch dirigierte, sondern auch das Publikum mit launigen Moderationen unterhielt, ein populäres barockes Werk an: Antonio Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“. Das Orchester ließ den glühend heißen „Sommer“-Satz strahlen und flirren. Ein ebenfalls glänzender Einsatz: der geschmeidige Violin-Solopart des Konzertmeisters Istvan Karasconyi.
Felix Mendelssohns 4. Sinfonie, die „Italienische“, zählt zu seinen meist gespielten Werken. Die Neue Philharmonie interpretierte den 1. Satz, eine romantisch-spritzige Hommage an den Süden, inspiriert von einer Italienreise. Nach dem wunderbar wehmütigen Intermezzo aus der „Cavalleria rusticana“ von Pietro Mascagni kündigte Rasmus Baumann ein Werk an, das das Publikum mit „Ahs und Ohs“ begrüßte, den bekannten Triumphmarsch aus Verdis Oper „Aida“. Baumann versprach schmunzelnd einen Hauch von Arena di Verona-Flair im Haunerfeld. Derweil leuchteten die Bäume im Park bereits magisch in den schönsten Farben. Eine zauberhaft gelungene Lichtregie.
Dass das Orchester weit mehr kann als nur Klassik, beweist es regelmäßig und sehr erfolgreich mit Film- und Crossover-Konzerten. So stand vor allem der zweite Teil ganz im Zeichen berühmter Kinoklassiker-Melodien von Nino Rota und Ennio Morricone. Da schaute der „Pate“ ebenso vorbei wie der „Gladiator“ oder „Rocky“. Die Neue Philharmonie begeisterte mit einem Hollywood-Klang und Big-Band-Sound im Cinemascope-Format. Und setzte mit dem melodienseligen Medley „Sempre Italia“ dem Abend das Krönchen auf.
Dass dieses aufwendige Event überhaupt durchführbar war, ist vielen Förderern und Sponsoren zu verdanken, darunter der Stadt Gelsenkirchen als Veranstalter, der Sparkasse Gelsenkirchen, der Gelsenwasser-Stiftung, dem Verein „Kunst entdeckt Kirche“ und vielen mehr. Den Getränkestand managte auch in diesem Jahr wieder der Rotary Club.
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